FOKUMALA
Bildkunst und eingefangene Musik
„Meine Bilder sind lautlose Musik. Eine farbige Liebeserklärung an meine
Wahlheimat Hamburg und die verborgenen Schönheiten der Welt“.
M. Schmoll, 2009
Mit ihren sehr persönlichen Interpretationen der Wirklichkeit bringt die Foto-Künstlerin Martina Schmoll verborgene Schönheit ganz alltäglicher Motive ans Licht. „Meine Werke sind schweigsame Klangbilder und die Hamburg-Fotos eine Ode an eine einzigartige Stadt“, sagt die Künstlerin, die auch eine begeisterte Jazz-Sängerin ist und schafft bewusst einen Brückenschlag zwischen Musik und bildender Kunst.
Stets auf der Suche nach einem Gesamtkunstwerk aller Sinne werden Ihre Vernissagen deshalb auch zu beliebten „musikalischen Happenings“. „Als Symbol für die seelische Verbindung der Künste ist in jedem Foto-Gemälde immer auch ein musikalischer Hinweis versteckt“, verrät die Künstlerin augenzwinkernd. Das dezente Markenzeichen ist auf den ersten Blick oft nicht sichtbar und und zeigt sich nur dem wirklich aufmerksamen Betrachter.
Wie ein Dirigent eine Sinfonie bei jedem Auftritt anders interpretiert, sind auch Schmolls Bilder Zeugnis einer sehr persönlichen Sicht auf die Welt.
Die verschiedenen Bearbeitungsschritte erfolgen intuitiv und werden nicht protokolliert. „Niemals könnte ich eine meiner persönlichen Improvisationen exakt wiederholen. Jede Kreation ist ein intimes Spiegelbild meiner Seele und meiner momentanen Verfassung“.
Geboren und aufgewachsen im Nachkriegs-Berlin kam die Künstlerin der Liebe wegen in die bezaubernde Hafenstadt im Norden. Auf den Streifzügen durch ihre Wahlheimat ist Martina Schmoll nun ständig auf der Suche nach dem „Kunstwerk unter der alltäglichen Oberfläche“. Für sie ist nichts wie es scheint - fantasievoll bringt sie Architektur und Natur zum geheimnisvollen, beinahe märchenhaften Leuchten. Dabei achtet sie genau auf jede Nuance in ihren Fotomotiven, um Stimmungsbilder zu malen, wie nur der Künstler sie überhaupt sieht.
Das Multitalent ist auch als Sängerin weit über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt. Künstlerisch wurde sie schon als Kind familiär stark beeinflusst. Ihr Großvater – der Berliner Portrait- und Filmfotograf Alexander Schmoll – schuf bereits in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fotografische Meisterwerke, von denen jedoch die meisten im 2. Weltkrieg unglücklicherweise zerstört wurden. Einzig eine kleine Truhe mit Erinnerungen an das Schaffen ihres großen Vorbildes konnte von den Eltern gerettet werden und ist daher heute der best gehütete Schatz der Künstlerin. Dank der vorbildlichen Zusammenarbeit mit dem Deutschen Filminstitut und dem Verlag für Filmschriften ist Martina Schmoll seit Mai 2009 im Besitz von diversen Film-Standfotos und alten Original-Filmprogrammheften aus den Jahren 1926-41.
Als Kind der Nachkriegsgeneration ist ihr das Bewusstsein für die Verletzlichkeit der Erde und die Unzulänglichkeiten der Menschen schon in die Wiege gelegt worden. Deshalb gestaltet sie sich mit ihren Bildern eine verzauberte und idealisierte Welt ganz nach ihren Wünschen.
Leidenschaft, Träume, Fantasie. Wie wichtig diese menschlichen Urkräfte für das Überleben sind, hat Martina Schmoll bereits in jungen Jahren erfahren. Im Alter von 30 Jahren, nach langer, schwerer Krankheit, prognostizierten Ärzte ihr ein qualvolles Ende im Rollstuhl. Doch Schmoll gab sich im Gegensatz zu den Medizinern nicht auf, sondern begann zu kämpfen. Zehn Jahre später feierte die gelernte Schneiderin ihr zweites, künstlerisches Leben auf der Bühne: Mit Jazz, Tanzmusik, Fotokunst und der Hilfe treuer Freunde rettete sie sich zurück ins Leben. „Meine Jugend hat spät begonnen“, so Schmoll. Das Henry-Miller-Zitat ist zum Sinnbild ihres Lebens und Wirkens geworden.
Insofern sind ihre Bilder auch ein individuelles und kraftvolles Zeichen wider den Jugendwahn – und ein Plädoyer für „junggebliebene Menschen mit tiefen Lachfalten“!
Martin W. Grothe
(TV-Redakteur, Fotograf, Autor, Musiker)
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